Erleichterungen in der Nachfolge von Selbständigerwerbenden
(Privilegierte Liquidationsgewinnbesteuerung)

Die Nachfolge bei Selbständigerwerbenden, deren Unternehmen nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ausgestaltet ist, wurde durch die Steuergesetzgebung bis anhin stark erschwert. Da beim Verkauf einer Einzelfirma oder eines Anteils an einer Personengesellschaft sämtliche realisierten stillen Reserven als Einkommen zu versteuern waren, wurde die Einkommenssteuer im letzten Jahr der Erwerbstätigkeit stark progressiv erhöht. Um diese Besteuerung der Liquidationsgewinne zu umgehen wurde oftmals der Umweg über die Umwandlung der Unternehmung in eine AG oder eine GmbH gewählt. Dies ermöglichte – nach der Einhaltung einer Sperrfrist von fünf Jahren – die Realisation des Verkaufserlöses als steuerfreien Kapitalgewinn.

Aufgrund der Unternehmenssteuerreform II wurde die Nachfolge von Selbständigerwerbenden vereinfacht: Seit 1. Januar 2011 ist Art. 37b in das Bundesgesetz über die direkten Bundessteuern (DBG) aufgenommen, welcher eine privilegierte Besteuerung der stillen Reserven vorsieht, sofern die selbständige Erwerbstätigkeit nach der Vollendung des 55. Altersjahres oder infolge Invalidität definitiv aufgegeben wird. Der Gesamtbetrag der in den letzten zwei Geschäftsjahren realisierten stillen Reserven wird getrennt vom übrigen Einkommen besteuert. Zur Bestimmung des anwendbaren Satzes ist ein Fünftel des steuerbaren Betrages massgebend, wobei zumindest eine Steuer zum Satz von 2% erhoben wird.

Privilegierte Besteuerung bei Erben

Erben, auf die der Betrieb eines Erblassers übertragen wird, können von der gesonderten Besteuerung ebenfalls profitieren, sofern sie den Betrieb nicht weiterführen.

Sofern ein Erblasser im Zeitpunkt seines Todes die Voraussetzungen der privilegierten Besteuerung (55. Altersjahr oder Invalidität) erfüllt, übernehmen seine Erben und Vermächtnisnehmer den Anspruch auf die privilegierte Besteuerung des Liquidationsgewinnes, sofern sie die Einzelunternehmung oder die Tätigkeit in der Personengesellschaft nicht weiterführen.

(Fiktiver) Einkauf in die berufliche Vorsorge

Der Gesetzgeber wollte die Selbständigerwerbenden bezüglich der beruflichen Vorsorge den Unselbständigerwerbenden weitestgehend gleichstellen. Dementsprechend sollen auch Selbständigerwerbende, welche freiwillig einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angeschlossen sind, den einbezahlten Einkaufsbetrag für die berufliche Vorsorge im Rahmen der Liquidation in Abzug bringen können. In erster Linie sollen wie bis anhin die gemäss Gesetz, Statuten oder Reglement geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge an die zweite Säule vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden können.

Übersteigt der anlässlich der Liquidation getätigte Einkauf den vom steuerbaren Einkommen abziehbaren Betrag und entsteht ein Beitragsüberhang, kann der Liquidationsgewinn um diesen Überhang reduziert werden.

Nimmt der Steuerpflichtige anlässlich der Liquidation keinen realen Einkauf vor, gewährt ihm das Gesetz trotzdem eine gesonderte Besteuerung in der Höhe, in welcher ein Einkauf hätte vorgenommen werden können. Entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes reduziert sich der gesondert zu besteuernde Liquidationserlös um jenen Betrag, für welchen der Steuerpflichtige die Zulässigkeit eines Einkaufes in die Pensionskasse nachweist. Der entsprechende Betrag wird wie Kapitalleistungen aus Vorsorge zu einem Fünftel des ordentlichen Tarifs besteuert.

Die Möglichkeit eines effektiven bzw. fiktiven Einkaufs besteht jedoch nur bis zur Erreichung des 70. Alterjahrs (bei Frauen bis zum Erreichen des 69. Altersjahrs).

Privatentnahme von Grundstücken anlässlich der Liquidation

Ebenfalls per 1. Januar 2011 trat neu Art. 18a DBG in Kraft. Während bisher beim Übertrag von Liegenschaften aus dem Geschäfts- in das Privatvermögen die stillen Reserven als realisiert galten und daher zu versteuern waren, kann heute ein teilweiser Aufschub dieses «Gewinnes» verlangt werden. Gemäss dem neuen Art. 18a DBG werden auf Antrag hin nur die wiedereingebrachten Abschreibungen (Differenz zwischen den Anlagekosten und dem massgebenden Einkommenssteuerwert) als Gewinn besteuert, während der Wertzuwachs der Liegenschaft bei der direkten Bundessteuer erst bei deren Veräusserung der Besteuerung als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit unterliegt.

Wird ein Grundstück anlässlich der Liquidation (innerhalb der letzten zwei Geschäftsjahre) ins Privatvermögen übertragen und wird dabei der Aufschub der Besteuerung des Grundstückgewinnes beantragt, findet die privilegierte Besteuerung im Zusammenhang mit der Liquidation nur auf die wiedereingebrachten Abschreibungen, nicht jedoch auf den Wertzuwachs Anwendung (ausser das Grundstück werde noch während des Liquidationsjahres veräussert). Dementsprechend ist bei einem späteren Verkauf der gesamte Wertzuwachs bei der direkten Bundessteuer als Einkommen zu besteuern.

Wurde hingegen der Aufschub nicht verlangt, ist der Wertzuwachs bei der Liquidation, resp. bei der Überführung ins Privatvermögen zu besteuern, aber (nur) zum gesonderten Satz. Ein späterer Verkauf hat bei der direkten Bundessteuer keine Steuerfolgen mehr, da er als steuerfreier Kapitalgewinn angesehen wird.

Im Zusammenhang mit der privilegierten Besteuerung der Liquidationsgewinne ist ferner zu beachten, dass der Liquidationsgewinn (massgeblich ist die Veranlagung bei der direkten Bundessteuer) ebenfalls Grundlage für die Beiträge an die AHV (Beiträge vom Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit) bildet.

Kantonale Bestimmungen Bern (Art. 43a StG)

Im Kanton Bern trat am 1. Januar 2011 neu Art. 43a StG in Kraft, welcher festhält, dass wie auf Bundesebene ein Fünftel des Restbetrages zur Satzbestimmung massgebend ist. Auf den ersten CHF 260‘000 des Liquidationsgewinnes wird im Kanton Bern in jedem Fall und unabhängig von der Deckungslücke (siehe vorstehend Einkauf berufliche Vorsorge) der Vorsorgetarif angewendet.